Von der Wahl zur Regierung: Wie geht das?

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Warum wählen wir eigentlich und wie wir aus unseren Stimmzetteln eine Regierung?

Viele kennen es: Man geht in die Wahlkabine, wirft seinen Stimmzettel ein und abends sind erste Hochrechnungen online und im TV zu sehen. Kurz darauf stehen die Wahlsieger fest und es bildet sich eine neue Regierung. So viel ist klar. Aber wie genau läuft das eigentlich ab? Wie funktionieren Koalitionen? Und warum wählen wir alle paar Jahre aufs Neue?

Stell dir vor, es ist Wahltag und auch du entschließt dich, deine Stimme abzugeben. Gute Entscheidung, denn damit leistet jeder von uns einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft. Inwiefern? Ganz einfach. Wir Österreicher:innen haben das Glück, in einem demokratischen Land zu leben. Das heißt: Es gehen alle staatlichen Rechte vom Volk aus. Also von uns allen. Wie das geht? Offiziell sieht unser System eine repräsentative Demokratie vor. Das wiederum heißt: Wir wählen Repräsentant:innen, die unsere Standpunkte in der Politik vertreten. Diese sitzen in Parlamenten, wo sie debattieren, Gesetze erlassen und Entscheidungen treffen – idealerweise im Sinne unserer Mehrheit. Vertreten werden wir in jedem Fall. Sei es durch die Regierung, die die Zügel in der Hand hält oder durch die Opposition, die wiederum deren Arbeit kontrolliert. Aus Sicht der Wähler:innen gibt es also keine Verlierer:innen bei einer Wahl.

Vereinfacht kann man sich das Parlament als Lupe vorstellen: Wenige Vertreter:innen stellen uns alle „herangezoomt“ dar. Umso wichtiger ist es deshalb, sein Wahlrecht tatsächlich wahrzunehmen. Mehr Stimmen bedeuten mehr Mitsprache und somit auch ein präziseres Bild unter ebendieser Lupe. In regelmäßigen Abständen wird das Parlament neu gewählt, da sich unsere Ansichten im Laufe der Zeit verschieben und sich äußere Umstände verändern können. Wir „aktualisieren“ also unsere Vertreter:innen, wenn man so will. In Oberösterreich ist es bereits am 26. September 2021 wieder soweit: Es wird der neue oberösterreichische Landtag gewählt und im gesamten Bundesland finden Bürgermeister:innen- und Gemeinderatswahlen statt. Rund 1,1 Millionen wahlberechtigte Oberösterreicher:innen können am Wahltag oder per Briefwahl ihre Stimme abgeben. Und wie genau geht es danach weiter?

Wenn die Wahllokale schließen…

… zieht sich die zuständige Wahlbehörde zurück. Im Beispiel Oberösterreichs übernimmt das die dortige Landeswahlbehörde. Wahlurnen werden entleert, Kuverts geöffnet und alle darin liegenden Stimmzettel gesammelt. Danach werden diese vorerst jeweils nach den einzelnen Parteien sortiert. Anschließend wird innerhalb der Partei zwischen Stimmzetteln mit und ohne Vorzugsstimme getrennt. Zu guter Letzt folgt die Auszählung, einschließlich aller per Briefwahl abgegebenen Stimmen. Ausgewählte Vetrauenspersonen und Wahlzeug:innen sorgen dafür, dass bei der Auszählung alles seine Ordnung hat. Übrigens haben wir alles zur Wahlkarte, Briefwahl, Vorzugstimme und den zur Wahl stehenden Parteien in unserem Wähler:innen-FAQ übersichtlich zusammengefasst.

Vom Stimmzettel zur Regierung

Nach der Auszählung steht ein amtliches Wahlergebnis für alle teilnehmenden Parteien in allen Wahlkreisen fest. Wie es weitergeht, entscheidet ab diesem Moment das geltende Wahlrecht. Je nach Bundesland greifen in Österreich nämlich verschiedene Vorgaben. In Oberösterreich muss eine Partei landesweit mindestens vier Prozent aller gültigen Stimmen oder ein Grundmandat in einem der Wahlkreise erreicht haben, um ins Parlament einzuziehen. Für manche Parteien ist deshalb ein überdurchschnittliches Ergebnis in ihren starken Wahlkreisen besonders wertvoll. Alle, die diese Kriterien erfüllen, erhalten eine bestimmte Anzahl an Mandaten. Diese richtet sich nach ihren erreichten Stimmenanteilen – so setzt sich der neue Landtag zusammen.

Gesetzlich ist der Landtag nun dazu verpflichtet, innerhalb von vier Wochen ab der Wahl und spätestens nach dem Ablauf der Legislaturperiode des bisherigen Landtags eine erste Sitzung abzuhalten. Diese nennt man „konstituierende Sitzung“ – dort wird die neue Landesregierung gewählt. Sie setzt sich aus dem Landeshauptmann, seinen beiden Stellvertreter:innen sowie sechs Landesrät:innen zusammen. Der Landeshauptmann selbst (mit einfacher Stimmenmehrheit) sowie die übrigen Mitglieder (nach Verhältniswahlrecht) werden durch den Landtag gewählt. Die Verteilung der Mitglieder der Landesregierung richtet sich nach dem Wahlerfolg der vertretenen Parteien. Je höher die Anzahl der erreichten Mandate, desto größer der Anteil an Mitgliedern in der Regierung.

Aber wie geht es weiter, wenn man selbst als stimmenstärkste Partei keine absolute Mehrheit für sich gewinnen konnte? Alleine regieren? Was grundsätzlich möglich und als Minderheitenregierung bekannt ist, kommt selten tatsächlich zustande. Stattdessen verhandeln die Parteien miteinander, um eine Koalition einzugehen. Ein Bündnis, das als gemeinsame Regierung mehr als die Hälfte der Mandate und damit eine bessere Handlungsfähigkeit mit sich bringt. Je nach Verteilung finden zwischen den Parteien Sondierungsgespräche statt, da einerseits zwar eine Mehrheit erzielt werden soll. Andererseits müssen aber auch die Inhalte und Werte der Parteien vereinbar sein. Nicht selten müssen bei knappen Ergebnissen taktische Entscheidungen getroffen werden. Deshalb sollte klar sein: Zur Wahl gehen lohnt sich. Jede Stimme zählt.

Von David Bauer