Minimal ist in

Theresa Dutzler
Wann hast du das letzte Mal Ordnung geschaffen? Dass weniger oft mehr ist, wissen wir ja… eigentlich.

Wissen wir: Weniger ist oft mehr. Wissen wir auch: Nichts ist so schwierig wie sich von lieb gewonnenen Dingen zu verabschieden. Wenn diese Dinge im (fast) täglichen Gebrauch sind, spricht auch nichts dagegen, sie zu behalten. Schätze, auf die man zufällig stößt, oder die im Keller fröhlich vor sich hinvegetieren, sollen, ja, müssen weg! Wie der Befreiungsschlag gelingen kann und warum das Loslassen so gut tut, weiß Ausmist-, Ordnungs- und Minimalismuscoach Theresa Dutzler.

Was bedeutet Minimalismus eigentlich?

Theresa Dutzler: Minimalismus als Lebensstil bedeutet, sich bewusst dem einfachen Leben hinzugeben. Sprich, die freiwillige Reduzierung seines Besitzes. Ich würde es nicht als „Verzicht“ bezeichnen, sondern als Gewinn. Frei nach dem Motto „Weniger ist mehr!“ Man fokussiert sich auf die für einen selbst wichtigen Dinge im Leben. Minimalismus als Gesamtkonzept ist so viel mehr, als wenige Dinge zu besitzen. Es geht um die Wertschätzung der Dinge, einen nachhaltigen Lebensstil und wird auch oft in Zusammenhang mit der Selbstversorgung gebracht. 

Was bringt es, minimalistisch zu leben?

Theresa Dutzler: Klarheit und Lebensqualität. Und nach der intensiven „Ausmistphase“ mehr Zeit und ein nahezu immer aufgeräumtes Zuhause bzw. das Aufräumen geht leicht von der Hand und dauert nur wenige Minuten, denn alles hat nun seinen Platz. Außerdem konsumiert man verantwortungsvoller. Ich persönlich achte auf Regionalität und/oder Bioqualität bei Lebensmitteln, fair produzierte Mode und so weiter. Ich schätze meine Besitztümer und konsumiere verantwortungsbewusst gegenüber der Umwelt und den Mitmenschen.

Wie bist du darauf gekommen, dich zur Minimalistin zu entwickeln?

Theresa Dutzler: Es war jetzt keine bewusste Entscheidung á la „Hey, ich möchte morgen Minimalistin werden“ und „per Definition“ bin ich das ja auch gar nicht. Ich besitze durchaus mehr als 100 Dinge, lebe in einem Haus, besitze ein Auto und auch mehr als eine Handtasche. Der Minimalismus in meinem Leben kam schleichend. Meine Reise begann vor einigen Jahren mit dem Buch von Marie Kondo „Magic Cleaning“. Mich packte das Ausmistfieber und ich durchlebte immer wieder extreme Phasen des Aufräumens und Loslassens von Dingen. Je mehr ich aussortiert hatte, desto glücklicher ging ich durch unsere Wohnung, entdeckte vorhandene Dinge „neu“ und wertschätzte meinen – deutlich reduzierteren – Besitz anders als zuvor. Gleichzeitig konnte ich mehr Struktur und vor allem Ordnung in unserem Zuhause schaffen. 

Was hat dieser Lebensstil bei dir verändert?

Theresa Dutzler: Zufriedenheit, Achtsamkeit mit mir und meiner Umwelt. Mittlerweile bin ich an einem Punkt angelangt, wo ich genau weiß, was ich wo, in welchem Schrank, an welchem Ort verstaut habe. Ich verbringe keine Zeit mehr mit Suchen, ich schätze meine Dinge, ich „benutze“ meinen Besitz und häufe mir gleichzeitig keinen unnötigen Kram mehr an und konsumiere weniger. Der schnelle Impulskauf macht uns langfristig ja nicht glücklich. Im Gegenteil – zu viel Zeug kann auch zur Belastung werden. 

Wie kam‘s zur „Minimal ist in“ Idee?

Theresa Dutzler: Ich bermerkte, dass ich durch das Thema Minimalismus und effizientes Ausmisten mein privates Umfeld inspiriere. Da ich mir in den vergangenen Jahren sehr viel Wissen und Techniken sowie Praxiserfahrung angeeignet habe, möchte ich dies weitergeben und auch anderen Menschen zu mehr Leichtigkeit in ihrer Wohnung oder ihrem Haus verhelfen. 

Was bietest du konkret an?

Theresa Dutzler: Ich biete persönliches Coaching online oder bei den Kunden Zuhause an. Gemeinsam schauen wir uns den scheinbar unüberwindbaren Berg an und erstellen einen Fahrplan. Wo fange ich an, aber vor allem WIE fange ich an und wie halte ich effizient und langfristig den gewonnenen Platz und die Ordnung. Ich gebe Hilfestellungen von „wohin mit dem ganzen aussortierten Zeug“, Ordnungstechniken bis hin zu neuen Alltagsroutinen, die zur langfristigen Ordnung beitragen. Vor Ort helfe ich auch gerne beim Ausmisten, allerdings lautet die Lösung nicht: Ich komme, miste aus, räume zusammen und das Thema ist damit abgehakt. Es ist ein langer Prozess. Der- oder diejenige muss es auch wirklich wollen und vor allem selbst ins Tun kommen.

Zum Ausmisten gibt es ja mehr als nur die eigenen vier Wände.

Theresa Dutzler: Deshalb möchte ich kommendes Frühjahr mit Workshops oder Gruppen-Events zu den Themen „Minimalismus – mehr Leichtigkeit im Leben“, „Ich hab nichts zum Anziehen! Wetten doch?! Dein Weg zu Capsule Wardrobe“, „Digitale Ordnung (am Arbeitsplatz)“ starten.

Wie wird man zur Minimalist:in?

Theresa Dutzler: Ich denke nicht, dass dies das vorrangige Ziel ist. Darum geht es ja auch nicht. Aber ich glaube, jeder Mensch kann durch bewusste Entscheidungen und reflektiertes Konsumverhalten dazu beitragen, die Welt ein bisschen besser zu machen. Für mich ist es kein Verzicht von etwas, sondern der Gewinn von wertvoller Zeit. Und nebenbei lässt sich ohne Anstrengung Geld sparen, denn durch weniger unnötigen Konsum ergibt sich das ganz von selbst. 

Welche drei Dinge können wir von dir lernen und auch sofort umsetzen?

Theresa Dutzler: Erstens: Beginne beim Ausmisten mit einem Ort, beispielsweise Kleiderschrank oder Küche oder einer Kategorie wie Bücher. Da hat man gleich zu Beginn ein Erfolgserlebnis, weil in der Regel viel ausgemistet werden kann mit wenig emotionalen Wert. Die Dinge, also die gesamte Kleidung, jeden Gegenstand zum Thema Küche, ja auch die uralte Küchenmaschine im Keller, Bücher und so weiter, zuerst an einem Ort zusammensammeln und bewusst machen, wieviel man davon hat. Dann Ding für Ding in die Hand nehmen und entscheiden: Wann habe ich es zuletzt benutzt, brauche ich es wirklich, bereitet es mir Freude? Das ist die so genannte Konmari-Methode.

Zweitens: Wichtiger Tipp vor allem jetzt vor Weihnachten: E-Mail-Newsletter und Werbung bei Post abbestellen, Shoppingapps löschen – Versuchungen bewusst schon vorher abfangen. Drittens: Einmal die Woche fünf Minuten Zeit nehmen und im Alltag hinterfragen, ob ich das Ding wirklich brauche – oder es immer nur von einem zum anderen Eck gestellt wird. Unnötige Staubfänger bedeuten mehr Arbeit als sie Freude machen – das darf dann also weg.

Nimmst du dir diese fünf Minuten auch?

Theresa Dutzler: Ja, das mache ich immer noch, denn ja auch bei mir gibt es immer wieder Dinge zum Aussortieren. Wichtig ist mir noch zu sagen, dass die aussortieren Dinge nicht im Müll landen müssen. Es gibt tolle Hilfsorganisationen, die sich über Sachspenden freuen! 

Wie lautet dein „Ausmist-Motto“?

Theresa Dutzler: Ich habe vor einiger Zeit einmal wo gelesen „Minimalism isn't about having less. It's about having only the things that add value to your life.“ Seither habe ich diese wunderschöne Aussage immer vor meinem geistigen Auge. Die trifft im Übrigen nicht nur auf Dinge die man besitzt zu. Ich finde, das kann man genauso gut auf Beziehungen, Hobbys oder langgepflegte, aber nicht glücklich machende Alltagsroutinen ummünzen. Ist es „das“ wert, dann darf es bleiben, wenn nicht, dann lass los.

Von Daniela Ullrich