Sinnvoll oder nicht? 4 Fragen zum Kommunismus

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Der Kommunismus ist in Österreich spätestens seit dem Grazer Wahlerfolg der KPÖ wieder häufiger im Gespräch.

Das Symbol aus Hammer und Sichel auf rotem Grund dürfte den meisten bekannt sein. Wofür es steht? Für die Arbeiter- und Bauernklasse. Deshalb wird es häufig als Emblem vieler kommunistischer Parteien verwendet. Nicht so bei der KPÖ in Österreich. Dennoch zählt sie zu den ältesten kommunistischen Parteien überhaupt. Was es mit ihrem Wahlerfolg in Graz auf sich hat, was genau Kommunismus eigentlich ist und welche Rolle er in unserer Politik künftig spielen wird? Sehen wir es uns an.

#1 Was ist Kommunismus überhaupt?

Was wie eine einfache Frage klingt, ist nicht leicht zu beantworten. Warum? Weil Kommunismus ein bewusst weit gefasster Begriff ist. Eine einschläfernde Geschichtsstunde über Marx und Lenin wollen wir euch aber an dieser Stelle ersparen. 

Wir Österreicher:innen leben im Kapitalismus. Das heißt: In unserer Wirtschaft erleben wir tagtäglich das Spiel zwischen Angebot und Nachfrage. Haben wir beispielsweise hohen Bedarf an bestimmten Produkten, seien es Masken oder Desinfektionsmittel während Corona, motivieren wir dadurch Unternehmen zur Produktion, sodass diese damit wiederum Geld verdienen können. Der Staat hat dabei kaum Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen. Die Idee ist es, den Markt sich selbst regeln zu lassen. 

Wie sieht das im Kommunismus aus? Der größte Unterschied liegt vor allem in der Einflussnahme des Staates. Dieser spielt nämlich eine zentrale Rolle: Er lenkt die gesamte Sozial- und Wirtschaftsordnung, indem er die Güter und Dienstleistungen gleichmäßig verteilt. Diese gehören also allen Bürger:innen im selben Ausmaß. Im Gegensatz zum Kapitalismus ist hier die Idee, gesellschaftliche Gleichheit herzustellen. Unter dem Strich sind aber beides Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen – sie unterscheiden sich nur stark in ihren Idealen und Zielen.

#2 Hat der Kommunismus nicht auch Vorteile?

Natürlich. Jede Wirtschafts-, Gesellschafts-, oder sogar Staatsform hat ihre eigenen Vorteile. Schließlich würde man sie sonst nicht „erfinden“, oder? Streng genommen könnte man auch für Diktaturen eine Lanze brechen – immerhin erfreuen diese sich meist einer starken Führung, die Vorhaben unbürokratisch und effizient umsetzt. Die Frage ist nur: zu welchem Preis?

Gerade in Zeiten, in denen sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet, klingt gesellschaftliche Gleichheit für viele verlockend. Und zugegeben: Ließen sich Hunger und Armut dadurch tatsächlich abschaffen, wäre das ein starkes Argument. Fraglich ist aber, wie gut diese Ideologie in der Praxis funktionieren kann. Ein paar Beispiele gefällig? Vietnam wurde nach dem Vietnamkrieg kommunistisch geführt und stand bis zur Einführung der sozialen Marktwirtschaft kurz vor dem wirtschaftlichen Kollaps. Bis heute dauern die gesellschaftlichen Probleme durch den jahrelangen Abstieg an. Venezuela? Aus Sicht der meisten Expert:innen bereits ein „failed state“. Laut WKO ist auch Kubas Wirtschaft mit dem Niedergang der Sowjetunion massiv eingebrochen.

Macht der Kapitalismus etwa alles besser? Auch an ihm gibt es (berechtigte) Kritik. Vom perfekten System kann hier ebenso nicht die Rede sein. Wahrscheinlich auch deshalb, weil ein solches gar nicht möglich ist. Dennoch gibt es gute Gründe, weshalb mehr kapitalistische Wirtschaftsmächte die Zeit überdauert haben, als kommunistische. 

#3 Was genau ist in Graz passiert?

Mit ihrer Gründung vor rund 100 Jahren zählt die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) zu den ältesten ihrer Art. Ende September konnte sie sich bei den letzten Grazer Gemeinderatswahlen mehr als ein Viertel aller abgegebenen Stimmen sichern. Damit ist sie erstmals stärkste Kraft und schon seit geraumer Zeit eine kommunalpolitische Größe. Graz gilt als ihre Hochburg. Und seit 2005 ist sie außerdem wieder durchgängig im steirischen Landtag vertreten. Trotzdem wurde das Ergebnis im Vorfeld so nicht erwartet.

Die Folge? Alle Augen richteten sich auf die KPÖ, insbesondere auf Elke Kahr. Dank ihres Wahlerfolgs wird sie voraussichtlich neue Bürgermeisterin der steirischen Landeshauptstadt. Analysen der Austria Presse Agentur zufolge belegt sie mit 361 Beiträgen den siebten Platz im APA-Comm-Politik-Ranking. Damit erzielt sie die beste Platzierung, die eine Vertreter:in ihrer Partei je erreicht hat. Ihre mediale Präsenz hat sich in kürzester Zeit um knapp 700 Prozent gesteigert. Der Kommunismus ist zurück im Gespräch.

#4 Blüht der Kommunismus in Österreich jetzt (wieder) auf?

So weit wird es voraussichtlich nicht kommen. Allein ein Blick in die Geschichtsbücher reicht, um zu verstehen, wie unrealistisch dieses Szenario ist. Im Gegensatz zu anderen Ländern, hat der Kommunismus in Österreich historisch kaum eine große Rolle gespielt. Bis 1970 war die KPÖ nicht nur in der Steiermark, sondern in mehreren österreichischen Landtagen vertreten. Von 1945 bis 1959 sogar im Nationalrat. In Österreich als Ganzes war die KPÖ früher demnach um einiges präsenter und erfolgreicher als es heute der Fall ist. Eine kommunistische Wirtschaftsordnung stand hierzulande dennoch nie zur Debatte.

Als lokales Ergebnis weiß der Wahlerfolg in Graz also durchaus zu beeindrucken. Am Ende des Tages bedeutet das aber nicht automatisch, dass die KPÖ auf die politische Arbeit vieler anderer Ebenen Einfluss haben könnte. Vielleicht sollten wir daher, zumindest was den Kommunismus in Österreich angeht, sprichwörtlich besser erst mal die Kirche im Dorf lassen.

Von David Bauer