Zu schade zum Wegwerfen

To Good To Go
Wie rettet man am einfachsten Lebensmittel im Alltag? Durch eine genaue Planung beim Einkauf, leckere Rezepte für die Resteverwertung und die Too Good To Go-App

… sind Lebensmittel allemal – trotzdem verschwenden wir mehr als ein Drittel von ihnen. Georg Strasser will das ändern. Er ist Country Manager von Too Good To Go Österreich. Im August 2019 hat er die Idee als Co-Initiator mit nach Österreich gebracht. Zwei Jahre später helfen mehr als 700.000 Menschen und über 3.000 Partnerbetriebe hierzulande dabei, jeden Tag Lebensmittel zu retten. Im Interview spricht er über die Idee dahinter, über neue Initiativen für die Zukunft und verrät uns seine Lieblings-Mahlzeit, die er selbst regelmäßig gerne rettet.

„Rette Essen, hilf unserem Planeten!“ steht als Motto auf eurer Homepage. Welche Mahlzeit konntest du heute schon retten?

Georg Strasser: Heute ehrlich gesagt noch keine – ich werde aber sicher noch Mahlzeiten retten. Ich weiß, dass bei mir im Kühlschrank noch Essen von gestern liegt. Speziell in unserer App „rette“ ich am liebsten Donuts von Dunkin‘ Donuts. Das ist und bleibt einfach meine liebste Mahlzeit. Ich finde es zum einen großartig, dass eine ganze Schachtel nur einen Bruchteil vom Originalpreis kostet. Und das Beste daran: Man weiß nicht genau, welche man bekommt – so ist es immer wieder aufs Neue eine Überraschung.

Wie würdest du das Prinzip von Too Good To Go in einfachen Worten erklären?

Georg Strasser: Auf den Punkt gebracht ist es eine App, die Essen rettet. Jeder, der ein Smartphone hat, kann darauf zugreifen. In der App stehen dann verschiedenste Betriebe zur Auswahl, die etwas übrig haben – meistens kurz vor Ladenschluss. Also zum Beispiel eine Bäckerei, die ihre Semmeln, Kornspitze und Brote nicht wegwerfen will. Dieses Essen kann ich mir einfach online kaufen, direkt im Geschäft abholen und so vor der Verschwendung retten.

Was ist die Idee hinter eurer Initiative „Oft länger gut“?

Georg Strasser: Wir wissen, dass wir rund zehn Prozent aller Lebensmittel in Europa nur aufgrund eines Missverständnisses wegwerfen. Und zwar wegen des Mindesthaltbarkeitsdatums. Jeder kennt es: Man geht zum Kühlschrank, nimmt sich einen Joghurt oder eine Packung Milch heraus und sieht, dass das Ablaufdatum überschritten ist. Es stellt sich also die Frage: Was mache ich jetzt mit diesem Produkt? Und genau an dieser Stelle setzen wir an. Wir klären darüber auf, dass viele Lebensmittel selbst nach Ablauf dieser Frist oft noch länger gut sind. Das Mindesthaltbarkeitsdatum schreibt nämlich nur vor, welchen Geschmack, Geruch, welche Konsistenz und dergleichen Produkte haben müssen – das garantiert der Hersteller. Für die Zeit danach empfehlen wir: schauen, riechen probieren. Deshalb ist „oft länger gut“ ein Zusatzhinweis, den wir gemeinsam mit den Hersteller:innen neben das Haltbarkeitsdatum drucken. So wird man vor dem Wegwerfen nochmal daran erinnert.

Und hinter „Profis gegen Verschwendung“? 

Georg Strasser: Dafür machen wir mit Hauben- und Spitzenköchen gemeinsame Sache. Um zu zeigen, wie man am besten Reste verwerten kann und welche tollen Rezepte sich dafür anbieten. Ehrlicherweise werden in der gehobenen Gastronomie viele Lebensmittel weggeworfen. Deshalb brauchen wir Vorbilder aus dieser Branche, die zeigen, dass auch hier umgedacht werden kann und sollte. Letztendlich als Inspiration für alle Restaurants, Gastronom:innen und Küchenchef:innen – richtig verwerten fängt in der Küche an.

Was hat es mit eurem Impact Report auf sich?

Georg Strasser: Unser Impact Report ist jetzt zum ersten Mal erschienen. Dieser geht über das Retten von Lebensmitteln an sich hinaus und fokussiert sich auf die Ressourcen dahinter. Etwa Transportwege, Wasser, Energie und Strom. Je weniger wir also verschwenden, desto ressourcenschonender werden die Prozesse dahinter, da natürlich weniger produziert werden muss. Im Impact Report fassen wir unseren Einfluss zusammen: Wie viel haben wir gerettet? Wie viel CO2 konnten wir einsparen? Wie können wir als Firma noch besser werden? Das sind die entscheidenden Fragen, die wir uns für unser Unternehmen stellen.

Welche Vorteile bietet die Too Good To Go-App und wie kann jede oder jeder Einzelne darüber hinaus einen Beitrag zur Minimierung der Lebensmittelverschwendung im Alltag leisten?

Georg Strasser: Nachhaltigkeit und die Möglichkeit, etwas Gutes zu tun, müssen einfach und niederschwellig gestaltet werden. Alles was man für die App braucht ist ein Smartphone und eine Bankomatkarte – egal ob Schüler:innen, Familien, Pensionist:innen oder Studierende. Darüber hinaus kann man auch ohne App tolle Rezepte nutzen, um Reste zu verwerten. Auch genaue Wochenplanungen können dabei helfen. Wir sind auf einem guten Weg, aber es gibt noch viel zu tun. Wir brauchen Sozialmärkte, Tafeln und verantwortungsbewusste Unternehmen – gemeinsam können wir viel erreichen.

Was sind eure Ziele für die Zukunft? Gibt es einen Punkt, an dem du sagen würdest: „Jetzt haben wir unsere Mission erfüllt!“?

Georg Strasser: Wir haben die Mission erst dann erfüllt, wenn es tatsächlich keine Lebensmittelverschwendung mehr gibt. Bis 2030 wollen wir die Pro-Kopf-Verschwendung zumindest halbieren. Aber selbst das bedeutet, dass im Anschluss noch immer ein Überschuss herrscht. Unser großes Ziel ist es eigentlich, uns selbst abzuschaffen. Dafür müssen wir mit der Politik zusammenarbeiten und weiterhin Aufklärungsarbeit leisten. Wir retten sehr viele Lebensmittel am Ende der Wertschöpfungskette. Mittlerweile sind wir in vielen Ländern und vor allem großen Städten vertreten – der nächste Schritt wird daher in ländliche Regionen sein. In jeder Ortschaft gibt es eine Bäckerei oder ein Restaurant. Außerdem können wir in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft schon zu Beginn der Wertschöpfungskette einen Beitrag leisten. 

Von David Bauer