Reden wir über Krieg?!

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Der Krieg in der Ukraine stellt Eltern vor eine schwierige Entscheidung: Spricht man mit Kindern darüber und wenn ja, wie?

Kriege sind ein schwieriges Thema. In erster Linie natürlich für all jene, die unter ihnen leiden. Für Außenstehende, die in ihrem Bedürfnis helfen zu wollen in einer Art Ohnmacht gefangen sind. Und nicht zuletzt für alle Menschen, die es gewohnt sind, in Frieden zu leben. In Österreich und im restlichen Westen Europas ist man diesen Zustand nun seit mehreren Generationen gewöhnt. Wie geht man also jetzt damit um? Und, spricht man mit Kindern über Krieg?

Als wie bedenklich wird der Ukrainekonflikt empfunden? „Kurz vor dem Ausbruch des Krieges waren die Mitglieder:innen der jeweiligen Generationen unterschiedlicher Meinung“, stellt Generationenforscher Rüdiger Maas fest. Der Gründer und Vorstand des Instituts für Generationenforschung ist Autor einer neuen Studie zum Thema. Unmittelbar vor und nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine wurden darin die Einschätzungen verschiedener Generationen untersucht. Eines der Ergebnisse: Vor allem die jüngste befragte Generation empfand den Ukrainekonflikt schon vor seiner tatsächlichen Eskalation als bedenklich. Fast 97 Prozent der Gen Z, also der Befragten, die zwischen 1996 und 2010 geboren wurden, teilten diese Ansicht. 

Eine Frage der Bedrohung

Zum Vergleich: Bei den Babyboomern (geboren vor 1965) und der Generation Y (geboren zwischen 1980 und und 1995) war es in etwa nur jede:r Siebte. Bei der Altersgruppe dazwischen, der Gen X, zählte man sogar noch weniger. Weniger als zwei Drittel von ihnen waren in großer Sorge. Doch gerade mal zwei Wochen später wandelte sich dieses Bild drastisch. Russland startete seine militärische Invasion, woraufhin im Schnitt mehr als neun von zehn Befragten große Bedenken äußerten. Selbst in der zuvor vergleichsweise „unbesorgten“ Generation X traf dies auf 89,47 Prozent zu.

Was diese Unterschiede mitunter verursacht, ist die persönliche Wahrnehmung der Bedrohungslage. „Vor allem die Mitglieder der Generation Z fühlten sich sehr schnell und intensiv unmittelbar vor dem Ausbruch des Krieges bedroht“, erklärt Maas. Direkt nach Ausbruch des Krieges sei wiederum wahrzunehmen, dass sich die Menschen im Alter von 40 bis 55 Jahren am stärksten durch die Situation bedroht fühlen. Für viele Menschen fällt der Umgang mit dem Thema dabei nicht nur ihnen selbst schwer. „Eltern junger Kinder fühlen sich oft überfordert mit den Kindern über den Krieg in der Ukraine zu sprechen“, so Maas.

Wir müssen reden

Die aktuelle Lage gar nicht zu thematisieren sei riskant. „Kinder bekommen in der Regel mit, wenn etwas passiert“, so Maas. Da es ihnen aber häufig an Kontext mangele, sei es für den Nachwuchs schwierig, die Geschehnisse richtig einzuordnen. Kindgerecht kommunizieren lautet daher das Stichwort. Davon, sich von den eigenen Ängsten und Sorgen mitreißen zu lassen und diese somit unbewusst an Kinder weiterzugeben, rät der Experte entschieden ab. „Zudem sollten wir, wenn möglich sachlich bleiben und keine Spekulationen hinzufügen.“ Namen wie Russland, Putin oder Ukraine solle man weglassen, um keine Stereotype zu schüren, so der Studienautor.

Seine Erkenntnisse belegen: Je älter die Kinder, desto intensiver sprechen ihre Eltern mit ihnen über das Thema. Denn sich damit auseinanderzusetzen hilft dabei, den Kindern Ängste zu nehmen. „Zeigen Sie, dass die Lage nicht hoffnungslos ist, sprechen Sie mit Ihren Kindern darüber, was man machen kann. Kleine Kinder können zum Beispiel Bilder malen oder kleine Sachspenden geben“, empfiehlt Maas.

Entscheidend sei außerdem, informiert zu bleiben, ohne in einen Sog aus negativen Nachrichten zu geraten. Daher solle man auch regelmäßig positive Beiträge ansehen, betont der Experte. „Es ist natürlich völlig in Ordnung auch in dieser Lage etwas Positives für sich und seine Kinder zu machen. Unternehmen Sie etwas Tolles und haben Sie Spaß! Das kann Ihnen und Ihren Kindern Stärke geben für die momentan negative Weltlage“ empfiehlt Maas. Letzten Endes können und sollten wir über Krieg reden – auch oder gerade mit unseren Kindern. Entscheidend ist nur, wie und in welchem Ausmaß.

Von David Bauer