Ja oder nein? Was für und gegen eine Impfpflicht spricht.

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Bereits im letzten Jahr kündigte die Regierung eine allgemeine Impfpflicht in Österreich an und löste damit viele Diskussionen aus.

In Italien gilt sie bereits für über 50-Jährige, hierzulande wird sie nun offiziell mit Anfang Februar eingeführt: die Impfpflicht. Spätestens ab 15. März ist ein aufrechter Impfstatus erforderlich. Aber was spricht eigentlich dafür und dagegen, den Großteil aller Erwachsenen im Land zur Impfung zur verpflichten? Sehen wir es uns an.

3 Gründe, die für eine Impfpflicht sprechen

#1 Die Impfung schützt

So viel ist klar: Sich aus der Pandemie „heraustesten“ wird nicht funktionieren. Ein Ende ist nach Einschätzungen der WHO langfristig dennoch in Sicht. Nein, Corona wird auch bei einer hundertprozentigen Impfquote nicht einfach verschwinden. Was dank ihr und der sich rasant verbreitenden Omikron-Variante dennoch passieren kann? Dass das Virus endemisch wird. Also einigermaßen kontrollierbar, wenn man so will.

Für viele Expert:innen geht es deshalb jetzt darum, den Weg dorthin zu ebnen. Das nachweislich beste Mittel dafür sind regelmäßige Impfungen, die einen hohen Schutz bieten. „Was richtig schützt gegen Omikron, ist die Dreifachimpfung“, bestätigt auch Star-Virologe Christian Drosten. Laut neuesten Studienergebnissen bieten drei Dosen eine Effektivität von 99,2 Prozent gegenüber Todesfällen im Vergleich zu Ungeimpften. Und darum geht es schließlich: Die kommenden Omikron-Wellen so sicher wie möglich zu überstehen. Eine Impfpflicht würde diesen Prozess beschleunigen und sicherer gestalten.

#2 Goodbye, 2G!

Gilt die Impfpflicht überall, würde das die zur Zeit verpflichtenden 2G Kontrollen im Handel und anderen alltäglichen Lebensbereichen erübrigen. Und somit beispielsweise Einzelhändler:innen und ihren Mitarbeiter:innen großen organisatorischen Aufwand ersparen. „Der Handel ist kein Infektionsherd. Das Tragen von FFP2-Masken schützt unsere Kund:innen sowie Mitarbeiter:innen und stellt ein sicheres Einkaufen in den Geschäften sicher“, betont Franz Kirnbauer, Obmann der Sparte Handel in Niederösterreich. Die bisherigen 2G-Kontrollen würden Zeit, Nerven und Ressourcen kosten, so Kirnbauer, und führen häufig zu aggressivem Verhalten gegenüber Angestellten. Kontrolliert in Zukunft nur noch die Polizei, wäre das eine Entlastung an allen Fronten.

#3 Soziale Verantwortung

Viele nehmen den Staat mittlerweile eher als Dienstleister wahr, der sich ohne Wenn und Aber um sie kümmern muss. Dabei beruht das Verhältnis ursprünglich auf einem Geben und Nehmen. Teil einer Gesellschaft zu sein, bedeutet, auch einen Beitrag zum Wohle der Allgemeinheit beizutragen. Selbst diejenigen, die sich für sich selbst gegen eine Impfung entscheiden, tragen eine gesellschaftliche Verantwortung mit. Unmittelbar gegenüber allen Menschen, die Risikogruppen angehören oder aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können. Und indirekt auch gegenüber all jenen, die unter des Auslastung des Gesundheitssystems leiden – etwa dem Personal oder Patient:innen, die jenseits von Corona bereits lange Zeit auf ihre Behandlung warten (müssen).

3 Gründe, die gegen eine Impfpflicht sprechen

#1 Eingriff in die gesetzlichen Freiheitsrechte

Für viele Impfgegner:innen und Kritiker:innen einer allgemeinen Impfpflicht sind Einschränkungen der persönlichen Freiheit das größte Gegenargument. Und das nicht ohne Grund. Rechtsexpert:innen diskutieren vor allem über die Verhältnismäßigkeit: Stehen die Freiheitsrechte der Einzelnen über dem Gemeinwohl oder umgekehrt? Was man in diesem Kontext jedoch nicht außen vorlassen sollte, ist die Unterscheidung zwischen einer Impflicht und einem Impfzwang. Letzteres würde nämlich bedeuten, dass man polizeilich vorgeführt und zur Impfung gezwungen wird. Bei der Impfpflicht hingegen besteht noch immer die Möglichkeit sich zu enthalten – unter der Prämisse, mit den Sanktionen und dem Ausschluss von gewissen Bereichen leben zu können.

#2 Wie notwendig ist eine Impfpflicht?

Braucht es eine Impfpflicht für die angestrebte Herdenimmunität wirklich? Eine Frage, die sich nicht nur Verfechter:innen der Gegenseite, sondern auch einige Expert:innen auf dem Gebiet stellen. Schwierig zu rechtfertigen wird die neue Regelung spätestens dann, wenn selbst Frank Ulrich Montgomery, Präsident des Ständigen Ausschuss der Ärzte der EU und Vorsitzender des Vorstands im Weltärztebund, sagt: „Wir werden dieses Virus in absehbarer Zeit nicht besiegen wie die Pocken, auch nicht mit Impfpflicht.“

#3 Impf-Serien sind schwer zu planen

Was damit gemeint ist? In erster Linie die Frequenz der benötigten Impfungen, die durch die neuen gesetzlichen Regelungen verpflichtend werden. Wie lange sind Zertifikate gültig? Ab wann muss wieder geboostert werden? All das sind Fragen, die einerseits vor der Einführung einer Impfpflicht geklärt werden sollten. Andererseits aber nicht so einfach zu beantworten sind. Neue Virusmutationen und Entwicklungen der pandemischen Lage bringen stets neue wissenschaftliche Erkenntnisse mit sich – was in der Wissenschaft im Übrigen ganz normal ist. Es erschwert dennoch die langfristige Planung. Und schlussendlich ist es das, was es so schwierig macht, die Pandemie zu „lösen“: ihre Unberechenbarkeit.

Von David Bauer