Verfassungsschutz: Aus Alt mach Neu?

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Österreich hat einen neuen Verfassungsschutz – schon mitbekommen?

Auf BVT folgt DSN. Bitte was? Für all jene, die sich genau diese Frage gerade stellen, haben wir den passenden Überblick. Wir zeigen euch, was sich mit dem neuen Verfassungsschutz in Österreich ändert, warum es überhaupt zu dieser Erneuerung kam und welche Gemeinsamkeiten die beiden Behörden dennoch verbinden.

So viel vorab: DSN steht für „Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst“. Und BVT für „Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung“. Was diese zwei Behörden vereint? Zum einen sind beide dem Innenministerium unterstellt. Zum anderen dienen sie dem selben Zweck. Zumindest im Kern. Denn das BVT war in den vergangenen 20 Jahren mit der Aufgabe betraut, die österreichische Bundesverfassung zu schützen. Das bedeutet: Die Handlungsfähigkeit von verfassungsmäßigen Einrichtungen regelmäßig sicherzustellen. Dazu zählte auch das Erstellen des jährlichen Verfassungsschutzberichtes. Nun wurde die Behörde durch die frisch gegründete DSN abgelöst – seinem Nachfolger mit Dezember 2021. „Der Verfassungsschutz wurde vollständig neu aufgebaut und nimmt den Dienst auf“, so Innenminister Karl Nehammer.

Das wirft die Frage auf, aus welchem Grund diese Überführung in die Wege geleitet wurde. Dafür ausschlaggebend war mitunter die gewachsene Kritik. Der Verdacht auf Amtsmissbrauch sorgte 2018 für ein Ermittlungsverfahren der WKStA. Im Anschluss beantragte die Opposition einen entsprechenden Untersuchungsausschus im Parlament. Die Folge: eine handfeste BVT-Affäre. „Das alte BVT galt 20 Jahre lang als Schutzmauer der Republik – diese ist brüchig geworden“, begründet Nehammer den Schritt. Man wolle die rissige Mauer des Verfassungsschutzes deshalb nun neu aufbauen. Der Innenminister spricht sogar von „der größten Verfassungsschutzreform der zweiten Republik“. Aber welche Änderungen gibt es genau?

Was sich für den Verfassungsschutz ändert

Eine der größten Neuerungen ist wohl die erstmalige Trennung der Bereiche Staatsschutz und Nachrichtendienst innerhalb einer Behörde. Das Ziel: Beide Bereiche sollen jeweils ihren spezifischen Aufgaben nachkommen. „Dem Staatsschutz obliegen die Aufgaben zum vorbeugenden Schutz vor verfassungsgefährdenden Angriffen, die Gefahrenabwehr und die Aufklärungsarbeit gemeinsam mit den Justizbehörden. Der Nachrichtendienst hat die Gewinnung und Analyse von Informationen und die erweiterte Gefahrenerforschung zur Aufgabe“, erklärt Omar Haijawi-Pirchner die Kompetenzen. Er ist im Übrigen der neue Direktor des DSN und Bundespolizist. Zuvor leitete er das Landeskriminalamt Niederösterreich. Haijawi-Pirchner gilt als erfahrener Ermittler, der Erfolge gegen Schlepper und organisierte Kriminalität mitbringt. 

„Wir wollen vertrauenswürdig, international vernetzt und verlässlich sein“

Die Umgestaltung brachte jedoch nicht nur einen Führungswechsel mit sich, sondern auch strengere Aufnahmebedingungen für Mitarbeiter:innen. „Wenn man einen Verfassungsschutz vollkommen neu aufbaut, ist das ein sehr intensiver und feingliedriger Prozess. Das ist uns gelungen: Die DSN startet in einer völlig neuen Struktur, mit neuen Zugangs- und Ausbildungserfordernissen“, so Nehammer. Denn im Fokus der erwähnten Kritik standen nicht selten auch Polizist:innen, die ehemals für das BVT gearbeitet haben. Wer Informationen tatsächlich weitergegeben hat, wurde entlassen. 

Neben Mitarbeiter:innen, die sich als zuverlässig erwiesen haben, wurde deshalb zusätzlich kompetentes Personal eingestellt. „Die DSN braucht beides: Erfahrung und das vorhandene Fachwissen und neue Ideen“, so Haijawi-Pirchner über das künftige Team. Für die Umstrukturierung habe er bereits von vielen Vertreter:innen ausländischer Partnerdienste Zuspruch erhalten.

Apropos: Angaben des Innenministeriums zufolge sollen durch die Neugestaltung auch die internationalen Beziehungen des Verfassungsschutzes wieder gestärkt werden. Das ist mitunter ein Grund dafür, weshalb das DSN über einen eigenen Nachrichtendienst verfügt. Denn: Für Nehammer sind dessen erfolgreiche internationale Arbeit und der daraus gewonnene Informationsfluss die Basis eines funktionierenden Verfassungsschutzes. Und dabei handelt es sich schließlich um das größte Ziel, das dieser Neuaufbau bezweckt.

Von David Bauer