Ashoka: Wie wir unsere Gesellschaft verändern können

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Ashoka Austria ist eine gemeinnützige Organisation, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Rahmenbedingungen für Sozialunternehmen in Österreich zu verbessern.

Ashoka Austria ist eine gemeinnützige Organisation, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Rahmenbedingungen für Sozialunternehmen in Österreich zu verbessern. Profit ist für Ashoka nicht wichtig – es geht um Mehrwert. Denn Sozialunternehmen sind nicht auf Gewinn ausgerichtet. Sie versuchen unternehmerische Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu finden. Sie möchten eine Wirkung erzielen. Wieso der Sektor der Sozialunternehmen in Österreich noch in den Kinderschuhen steckt und was es braucht, um eine Gesellschaft zu verändern, erklärt Raphaela Tončić-Sorinj, Co-Director Ashoka Austria.

Ashoka arbeitet an der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Social Entrepreneur:innen. Wo gibt es konkret Verbesserungsbedarf? 

Raphaela Tončić-Sorinj: Der gesamte Bereich der Sozialunternehmen ist in Österreich noch völlig unterentwickelt – es gibt zum Beispiel keine Rechtsform dafür. Es gibt die GmbH und viele andere Organisationsformen für profitorientierte Unternehmen, aber Sozialunternehmen sind nicht auf Gewinn ausgelegt. Sie haben primär das Ziel, in der Gesellschaft zu etwas zu bewirken. Wir setzen uns gemeinsam mit dem Social Entrepreneurship Network Austria (SENA) dafür ein, dass Sozialunternehmen auch eine eigene Rechtsform bekommen. Vor allem, wenn es um Förderungen und Kredite geht, haben es Social Entrepreneur:innen schwer – weil sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nie Gewinne erzielen werden. Mit einer entsprechenden Rechtsform könnte man diesen Umstand abbilden. Und dadurch hätten Sozialunternehmen auch wesentlich mehr Zugang zu Fördermitteln.

Ashoka setzt sich nicht nur für Rahmenbedingungen ein, sondern fördert auch selbst Sozialunternehmen. Welche Förderungen stellen Sie zur Verfügung?

Raphaela Tončić-Sorinj: Wenn jemand Ashoka Fellow – so nennen wir die Sozialunternehmen in unserem Netzwerk – wird, stellen wir unter anderem finanzielle Mittel auf, sodass sich der Ashoka Fellow voll und ganz auf seine Lösung konzentrieren kann. Wir organisieren Geld von Stiftungen und anderen Unterstützer:innen, stellen Mentor:innen zur Verfügung und binden sie an unser weltweites Netzwerk an. Wir versuchen einfach, ein Partner zu sein und unterstützen unsere Mitglieder, wo wir nur können.

Welche Unternehmen können sich an Ashoka wenden? Wie wird man in Ihr Netzwerk aufgenommen? Und nach welchen Kriterien entscheiden Sie, ob jemand „sozial genug“ ist?

Raphaela Tončić-Sorinj: Potentielle Ashoka Fellows müssen eine Art Due-Diligence-Prozess durchlaufen. Dieser dauert ungefähr ein Jahr und besteht aus fünf Stationen – geprüft werden: Innovation, Wirkung, Persönlichkeit, Kreativität und Integrität. Das wichtigste Kriterium ist dabei die Innovation: Es muss eine Lösung sein, die das Potential hat, eine Gesellschaft zu verändern – und sie darf mit nichts vergleichbar sein, was in unserem Netzwerk bereits existiert. In puncto Wirkung ist wichtig, dass es sich nicht nur um eine Idee handelt, sondern bereits ein Proof of Concept besteht und damit die Durchführbarkeit des Vorhabens gewährleistet ist. 

Wie stellen Sie die anderen drei Kriterien fest? Sind Persönlichkeit, Kreativität und Integrität nicht ziemlich subjektive Bewertungen?

Raphaela Tončić-Sorinj: Bei der Persönlichkeit und der Kreativität geht es im Prinzip darum, dass wir schauen, ob der Unternehmergeist der handelnden Personen stark genug ist, um die Lösung großflächig umzusetzen und ob ausreichend kreatives Potential vorhanden ist, um Widerstände zu überwinden. Wer visionäre Vorhaben umsetzen möchte, braucht diese Fähigkeiten einfach. Ashoka Fellows müssen für ihre Sache brennen. Und Integrität bedeutet, dass wir uns ein Bild davon machen, ob die Personen auch vertrauenswürdig und frei von verdeckten Interessen sind. Natürlich sind das zum Teil intuitive Bewertungskriterien – bei einem Aufnahmeprozess, der bis zu einem Jahr dauert, bekommt man allerdings schon ein sehr gutes Gefühl dafür. 

Ahoka gibt es seit 41 Jahren. In Österreich hat die Organisation ihre Arbeit vor zehn Jahren aufgenommen. Was konnten Sie in Österreich bisher erreichen?

Raphaela Tončić-Sorinj: Als wir vor zehn Jahren in Österreich angefangen haben, hat es den Begriff der Sozialunternehmer:innen hierzulande noch nicht einmal gegeben. Es gab überhaupt kein Bewusstsein dafür, dass es solche Personen überhaupt gibt. Dementsprechend gab es auch keine Stiftungen, die das finanziert haben. Es hat insgesamt einfach überhaupt keine Unterstützungsleistungen für Sozialunternehmer:innen gegeben. Das existiert in Österreich alles erst durch uns und unser Netzwerk, wie etwa dem Impact HUB und der WU Wien, um nur zwei zu nennen. Und jetzt liegt unser Fokus darauf, diesen Sektor weiter auszubauen und noch mehr Fördermöglichkeiten auf die Beine zu stellen. Denn Sozialunternehmen sind wichtig für die Entwicklung unserer Gesellschaft.

Wenn Sie einen weit verbreiteten Irrtum über Social Entrepreneurship für immer richtigstellen könnten, welcher wäre das?

Raphaela Tončić-Sorinj: Dass es sich um Charity handelt. Es geht nämlich gar nicht darum, sozial zu sein. Vielmehr geht es darum, Gesellschaften zu verändern. Ein gutes Beispiel dafür ist Jimmy Wales. Als Mitbegründer von Wikipedia hat er nichts soziales erschaffen, er hat aber unseren Zugang zu Wissen grundlegend verändert. Wir möchten einfach ein Selbstverständnis dafür entwickeln, dass jede:r dazu in der Lage ist, sein Umfeld zu verändern. Dazu muss man nicht zwingend sozial veranlagt sein. Es gibt viele Möglichkeiten, unsere Gesellschaft zu verbessern. Und je mehr von uns einen Teil übernehmen, desto besser wird unsere Gesellschaft auch sein. Das ist die zentrale Message von Ashoka. 

Von Daniel Schöppl