Aus dem Alltag einer Forscherin

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Wie schaut das "Forscherleben" aus?

Forscherin Bernadette Kamleitner ist nicht nur Professorin an der Wirtschaftsuniversität Wien und Leiterin des Instituts Marketing und Consumer Research, sondern auch liebevolle Mutter. Wie gelingt es ihr, das alles unter einen Hut zu bringen und wie geht sie dabei mit Fehlern und Hürden um? Bei einem Einblick in ihren Alltag verrät sie uns, wie sie sich immer wieder aufs Neue ihren tagtäglichen Herausforderungen stellt.

Was treibt Sie jeden Tag aufs Neue an?

Bernadette Kamleitner_Die Begeisterung für die Frage. Ich will wirklich verstehen, warum wir uns als Konsumenten wie verhalten. Und wie uns die sich ändernde Welt um uns – durch Digitalisierung, Covid und dergleichen – beeinflusst. In allen Lebenssituationen, auch in der Lehre und privat, aber auch wenn ich versuche, Dinge zu verschriftlichen, gibt es immer wieder kleine Heureka-Momente. In denen verstehe ich einzelne Aspekte wieder etwas tiefer, oft genau dann, wenn etwas schiefging. Diese Momente sind Teil meines Forscherlebens. Sie motivieren mich und triggern zusätzlich den Wunsch, meine Erkenntnisse und die Lust am Weg dahin auch zu teilen. Idealerweise so, dass Gedanken zu Taten werden.

Wie jonglieren Sie Ihren beruflichen und privaten Alltag?

Bernadette Kamleitner_Jonglieren ist das richtige Wort. Das beschreibt allerdings vor allem mein Leben bis zu dem Zeitpunkt als ich Mutter wurde. Arbeit und Privatleben gingen oft nahtlos ineinander über und ich arbeitete häufig nachts und am Wochenende. Einerseits, weil 40 Stunden für mich nicht genug sind. Andererseits, weil ich es genieße, open end und ohne Unterbrechungen zu arbeiten. Tiefes Denken braucht Freiräume. Seit ich Mutter bin sind diese Freiräume deutlich schwieriger zu schaffen. Gleichzeitig ist die Trennung zwischen Beruf und Privatleben aber auch deutlicher geworden. Die stabilen Rhythmen eines kleinen Kindes sind jetzt auch Teil meines Rhythmus. Innerhalb dieses reduzierten Rahmens geht was geht und was nicht geht, geht nicht. Es ist tatsächlich so einfach.

Welchen entscheidenden Karrieretipp würden Sie einem Berufseinsteiger geben?

Bernadette Kamleitner_Ich bin keine Verfechterin von Pauschaltipps, wenn es um die persönliche Lebensgestaltung geht. Viele Wege führen nach Rom. Was nahezu immer gilt: Angst ist ein schlechter Ratgeber. Ausdauer schadet selten und man ist gut beraten, Niederlagen und Feedback jeglicher Art nicht als Grundsatzkritik an sich selbst zu verstehen. Sichtbar für andere sind immer nur Interpretationen von Handlungen. Diese lassen sich – wenn man wirklich will – ändern und damit ist in meinen Augen jede Kritik eine Chance zu lernen.

Wer oder was ist Ihnen in Ihrem persönlichen Umfeld besonders wichtig?

Bernadette Kamleitner_Menschen, die meine Begeisterung für Forschung teilen und nachvollziehen können. Aber auch Menschen, die das nicht können und mir dadurch immer wieder neue Perspektiven eröffnen – zu letzterer Gruppe gehört auch mein Kind.

Wie gehen Sie mit Hürden und Fehlern um?

Bernadette Kamleitner_Wo es möglich ist, versuche ich mich an den Prinzipien der Achtsamkeit. Frustration bekommt ihren Platz, darf diesen aber wieder für konstruktivere Kräfte räumen, sobald sie sich ausgetobt hat. Je mehr Hürden mir über die Jahre begegnet sind und je mehr Fehler mir zwangsläufig immer wieder einmal passiert sind, desto eher weicht die Frustration einer erfrischenden Prise Selbstironie. Das Zugeständnis eigener Fehler und blinder Flecken ist wichtig, um nicht Gefangene eines Elfenbeinturms zu werden. Fehler zuzugeben und zu scheitern erdet. Meines Erachtens ist das vor allem für Menschen, die als Lehrende wirken eine sehr gesunde Erfahrung. Wenn auch nicht immer angenehm. Fehlerlosigkeit bedeutet Stillstand. Das ist für mich kein erstrebenswerter Zustand.

Von David Bauer