6 Startups im Corona-Boom

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Diese Startups haben die Chancen, die sich 2020 geboten haben, perfekt genutzt.

Timing ist für jedes Startup wichtig – das Produkt muss den Nerv der Zeit treffen. Und im Vorjahr waren die Bedingungen für viele Startups genau richtig.

„Die Krise als Chance nutzen!“ wird wohl gemeinsam mit „Die nächsten zwei Wochen werden entscheidend sein!“ als der Leitsatz der Coronapandemie im kollektiven österreichischen Gedächtnis hängen bleiben. Durch den Umbruch könne jetzt Neues wachsen, war immer wieder überall zu hören und zu lesen. Auch imLand.at stimmte in diesen Chor ein, zum Beispiel hier und hier und hier.  

Wir treten aber auch gerne den Beweis an: Anlässlich unserer Schwerpunktwoche haben wir uns auf die Suche nach Startups begeben, die die Coronakrise auf verschiedene Arten zu ihrem Vorteil genutzt haben. Hier nun unsere Favoriten: 6 Startups, die die Krise als Boost nützen konnten.

Backfertig – Onlinekochkurse bei 7hauben

Im ersten Lockdown brach das Brotbackfieber aus, sehr zum Vorteil von Johannes Sailer: Der Linzer gründete das Onlineportal 7hauben, auf dem Video-Kochkurse mit Profiköchen angeboten werden. Und einer der Profiköche, der bereits mit Sailer zusammenarbeitete, war Lutz Geißler, der mit seinem „Plötzblog“ schon vor der Pandemie der bekannteste Influencer fürs Brotbacken im deutschsprachigen Raum war.

Seine Back-Expertise lockte die Nutzer in Scharen auf 7hauben. „Vor der Pandemie lagen wir bei weniger als 5000 aktiven Nutzern, mittlerweile sind es 25.000“, so Sailer. Den Hype machte sich das 2017 gegründete Startup zu Nutze: „Zuerst haben wir unser Angebot an Brotbackkursen massiv erweitert. Dann waren unsere Zahlen so gut, dass wir zum Beispiel Johann Lafer für uns gewinnen konnten.“

Auch in Zukunft sieht Sailer gute Chancen für sein Unternehmen: „Die Leute haben wieder zum Kochen gefunden, und unser Content ist sehr einfach abrufbar. Durch die Pandemie konnten wir uns etablieren, jetzt läuft das Rad.“

Spannungsausgleich – Automatischer Anbieterwechsel bei Energy Hero

Dass ein Wechsel des Energie- oder Gasanbieters viel Geld sparen kann, hat Dauerwerbung allen klargemacht. Die Zeit, um zu vergleichen und zu wechseln, nehmen sich aber wahrscheinlich nur wenige. Der Online Service Energy Hero übernimmt deshalb nicht nur den Vergleich, sondern wechselt auch jährlich automatisch den Anbieter. Man spart somit als Kunde nicht nur einmal, sondern dauerhaft Jahr für Jahr.

„Letztes Jahr wurde Sparen wieder sehr aktuell für viele Menschen, und da schauen viele zuerst auf ihre Fixkosten“, so die Oberösterreicherin Christina Lang, die das Startup als Head of Operations leitet. Auch wegen der momentan wieder steigenden Strom- und Gaspreise bekomme das junge Unternehmen mehr Kundenanfragen. „Durch die Pandemie konnten wir durch das verstärkte Kostenbewusstsein deutlich mehr Kunden gewinnen“. Die Kunden, die jetzt gewonnen wurden, seien ein wertvolles Gut für das Unternehmen: „Unser Service ist ja auf viele Jahre ausgelegt in denen wir den Kunden beim Sparen helfen. Wir freuen uns ein aktiver Ansprechpartner für Energiethemen für unsere Kunden zu sein.“ Dies umfasst auch immer mehr das Thema Nachhaltigkeit, da viele Kunden derzeit Ökostromtarife gezielt suchen.

Zündpulver – Naturkosmetik von Eliah Sahil

Gott sei Dank waren im Vorjahr nicht nur Viren und Impfstoffe Thema, auch das Bewusstsein für Nachhaltigkeit wuchs weiter. „Die Menschen haben sich im vergangenen Jahr intensiv damit beschäftigt, wie sie nachhaltiger konsumieren können“, sagt Silvio Perpmer. Der Vorarlberger gründete das Naturkosmetik-Label „Eliah Sahil“, benannt nach seinem Sohn.

Einerseits sind alle Zutaten naturbelassen und belasten die Umwelt nicht, andererseits sind die Produkte auch auf einen möglichst CO2-neutralen Vertrieb ausgelegt. Herkömmliche Shampoos bestehen zum Beispiel zu etwa 70 Prozent aus Wasser, das jeder zu Hause hat und beim Transport Platz verschwendet. Eliah Sahil bietet deshalb Pulvershampoos an, so wird der Transport effizienter und hat damit eine bessere Umweltbilanz.

Dank eines erfolgreichen Auftritts bei der TV-Show 2 Minuten, 2 Millionen konnte Perpmer sich 140.000 Euro sichern, mit DM ist auch schon der erste große Kunde gewonnen. „Wir liefern mittlerweile in 10 Länder und arbeiten ständig daran, unser Händlernetzwerk zu erweitern“, so Perpmer.

Googleliebe – Onlinepräsenz-Optimierung bei Boomerank

Wenn Gott eine Ladentüre schließt, poppt irgendwo ein Browserfenster auf. Weil die Geschäfte geschlossen blieben, mussten viele Händler rasch eine Onlinepräsenz aufbauen. Doch um sich wirklich von der Masse abzuheben, ist oft sehr viel Arbeit notwendig. Sogenannte Performance-Marketing-Agenturen beraten Unternehmen beim Aufbau ihrer Onlinepräsenz, kleine Geschäfte können sich das aber oft nicht leisten.

Sebastian Schwelle erkannte eine Chance und gründete Boomerank. Mit seinem Team entwickelt er Algorithmen, die Unternehmen bei der Verbesserung ihrer Onlinepräsenz unterstützen – für ein Zehntel der Kosten. Schwelle: „Ursprünglich waren wir Teil einer Agentur, 2020 haben wir dann den riesigen Bedarf gemerkt und uns entschlossen, uns im eigenen Unternehmen auf die Software zu konzentrieren.“

Seit dem Start wächst Bommerank monatlich um etwa 20 Prozent, das Angebot ist nicht nur für kleine Kunden interessant – zum Beispiel BIPA. „Jetzt liegt unser Fokus darauf, die Software weiter aufzubauen und externe Investoren zu gewinnen“, erklärt Schwelle.

Wohlumsorgt – Pflegesensorik von DigniSens

Die schwierige Lage in den Pflegeheimen machte der Öffentlichkeit bewusst, wie wertvoll die Arbeit von Pflegekräften ist. Um die Abläufe zu optimieren und das Wohlbefinden der Pflegebedürftigen zu garantieren, entwickelte das steirische Start-up DigniSens Sensoren, die außen an Inkontinenzprodukten angebracht werden, Ikontinenzepisoden erkennen und das Pflegepersonal benachrichten.

„Im Endeffekt ist das eine Win-Win-Situation, weil nicht die Arbeit der Pflegekräfte effizienter gemacht wird, sondern eben auch für die Pflegebedüftigen optimale Pflege garantiert werden kann“, erklärt Gründer Simon Werba. Auch die Pflegebranche erlebe momentan einen Digitalisierungsschub, viele anloge Prozesse werden durch elektronische Lösungen ersetzt.

Die Zeit des Lockdowns habe DigniSens vor allem für die Produktoptimierung und für die Zulassung als Medizinprodukt genutzt, jetzt sei das Unternehmen startklar: „Ab nächter Woche beginnen Pilotprojekte in mehreren Pflegeeinrichtungen in Niederösterreich und Wien, die uns wertvolle Informationen für die weitere Produktentwicklung bringen werden.“

Sharing is caring – Outdoor-Equipment teilen bei NEEDIT

„Jedes Fahrrad, das nicht zusätzlich gekauft werden muss, hilft uns als Gesellschaft, unseren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren”“, sagt Sebastian Waldbauer. Der Salzburger gründete gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Alexander Fally die Onlineplattform NEEDIT, die sich ganz dem Grundsatz der Sharing Economy verschrieben hat. Die Nutzer können ihre eigene Outdoor-Ausrüstung zu einem gewissen Tagessatz zur Vermietung anbieten oder das Equipment anderer Nutzer mieten.

„Die Menschen haben im Vorjahr gelernt, die Natur zu schätzen und zu erleben. Campen ist zum Beispiel wieder sehr populär geworden, die Ausrüstung ist aber sehr teuer und steht die meiste Zeit nur herum“, so Waldbauer. NEEDIT schaffe für die Besitzer der Ausrüstung die Möglichkeit, einen Teil der Anschaffungskosten wieder hereinzuholen., die Mieter können das notwendige Equipment zum kleinen Preis beziehen und gleichzeitig zur Abkehr von der Wegwerfgesellschaft beitragen.

2020 nutzten die beiden Gründer, um sich wirklich auf das Projekt konzentrieren zu können. „Wir arbeiten beide Vollzeit, und durch die Normalisierung von Videocalls und Homeoffice konnten wir einfach unglaublich effizient arbeiten.“ Seit dem Launch im Winter gebe es reges Interesse an der Plattform, „momentan sind wir dabei, die Erfahrung aus den ersten Monaten zu nutzen, um unser Konzept weiter an die Nutzerbedürfnisse anzupassen.“

Von Valentin Bayer