Der „Grüne Pass“ als (weitere) Solidaritätsprüfung?

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(Wann) Kommt das „digitale grüne Zertifikat" (DGZ)?

Während die Einführung eines europaweit geltenden „digitalen grünen Zertifikats“ (DGZ) von der Tourismus- und Freizeitwirtschaft sowie Exportwirtschaft mit offenen Armen begrüßt wird, machen Datenschützer auf mögliche Gefahren aufmerksam. Gesundheitsökonomen denken bei der Digitalisierung von Daten an den gesamtgesellschaftlichen Nutzen im Kampf gegen die Pandemie. Das Thema spaltet also wieder mal. In einer Zeit, in der Solidarität und Zusammenhalt so dringend nötig wären.

8 Fragen und Antworten rund um den digitalen Impfausweis und das Thema Datenschutz.

1. Welche Informationen wird das DGZ der EU beinhalten?

Neben Name, Geburtsdatum des Inhabers, der ausstellenden Behörde und einer Identifikationsnummer werden die Daten der jeweiligen Zertifizierung vermerkt: verwendeter Impfstoff und Datum der Impfung sowie ein Test- und Genesungsnachweis.

2. Ab wann soll der europäische Impfpass nutzbar sein und wie lange ist der digitale Impfpass gültig?

Der europäische Impfausweis soll ab 1. Juni und für die gesamte Dauer der Pandemie gelten.

3. Wie wird der Impfausweis aussehen?

Die Zertifikate sollen digital und/oder in Papierform zur Verfügung gestellt werden und zum Beispiel mit einem EU-weit lesbaren QR-Code versehen werden.

4. Wer bekommt das DGZ?

Der Pass wird kostenlos von den EU-Staaten an alle EU-Bürger, deren Familienangehörige und an in EU-Staaten ansässige Drittstaatsangehörige ausgestellt.

5. Kann man mit dem DGZ uneingeschränkt innerhalb der EU verreisen?

Jein. Denn es soll grundsätzlich das Reisen innerhalb Europas erleichtern, aber laut EU-Kommission keinesfalls „Voraussetzung für die Ausübung der Freizügigkeit“ sein. Auch Außenminister Alexander Schallenberg zeigt hier noch Zurückhaltung: „Noch muss jedem klar sein, dass Mobilität noch mit einem hohen Risiko verbunden ist.“ Österreich und zwölf weitere EU-Staaten haben sich auf die Erarbeitung einer gemeinsamen „Prioritätenliste“ geeinigt. Diese soll klare Kriterien für den grünen Pass für den Tourismus enthalten. Diese Liste soll nach Ostern der EU-Kommission vorgelegt werden.

6. Welche Rolle spielt Österreich bei der Einführung des europaweit geltenden Impfpasses?

In einer ersten Phase sollen in Österreich bereits im April Corona-Testungen registriert werden, welche dann in einem zweiten Schritt ab Juni auch im Immunitätsnachweis für Genesene und Geimpfte in den grünen Pass vermerkt werden. Bundeskanzler Sebastian Kurz bezeichnet diesen Vorstoß als „Vorarbeit für die europäische Gesamtumsetzung.“

7. Wo werden die Gesundheitsdaten gespeichert?

Es soll laut Österreichs Bundesregierung keine zentralisierte Datenbank auf EU-Ebene geben, Daten werden aus nationalen Datenbanken gelesen und sonst nirgendwo gespeichert.

8. Wie wird das Thema Datenschutz gerade diskutiert?

Sehr kontrovers.

Contra_ Bedenken äußert etwa Nina Spurny von der Plattform für Grundrechtspolitik epicenter.works. Sie sieht einen „Haufen moralischer, ethischer und rechtlicher Fragen“, die es erst in Debatten zu beantworten gilt. Gerade Gesundheitsdaten seien sehr sensible und vulnerable Daten. Die geplante Onlineprüfung der QR-Codes würden Möglichkeiten zur Überwachung geben und es könnte in einzelnen Ländern zu „Impfprivilegien“ kommen, die als Brandbeschleuniger zur Spaltung der Gesellschaft fungieren. Die Antwort darauf: Durch die Aufnahme von Antigen- und PCR-Tests sowie Genesungen in den Zertifikaten möchte die EU-Kommission mit dem „Digitalen Grünen Nachweis“ Diskriminierung und Impfprivilegien vorbeugen. Laut Spurny hätte man sich eine reine Offline-Variante „ohne Internet und ohne Strom“ gewünscht. Die Eintragungen würde man darin mittels Corona-Impfung-Hologrammsticker oder Lasergravur fälschungssicher machen können.

Pro_ „Bei Daten wird in Österreich immer mehr an Risiken als an ihren Nutzen gedacht“, äußert sich Gesundheitsökonom Thomas Czypionka in der ORF-Sendung Report zum Thema digitaler Datensammlung. Vieles über das Coronavirus wüsste man aber nur aufgrund aufschlussreicher Datensammlungen von etwa Dänemark und Großbritannien, die einen anderen Zugang zum Thema Datenschutz als hierzulande hätten. Doch woher rührt diese Datenskepsis? Laut der Politiologin Katharina T. Paul hat der hohe Stellenwert des Datenschutzes in Österreich historische Gründe: „Das Teilen von Daten wird möglicherweise mit der Überwachung von Daten in Verbindung gebracht. Das ist kontrovers zur Tatsache, dass Menschen doch fast täglich recht gerne ihre Daten mit Firmen teilen.“ Daten sollten als etwas gesehen werden, was allen gehört. „Jetzt teilen wir alle unsere Daten zum Zweck der Verbesserung der öffentlichen Gesundheit. Das ist etwas, was wir langfristig auch aus dieser Pandemie mitnehmen können.“

„Jetzt teilen wir alle unsere Daten zum Zweck der Verbesserung der öffentlichen Gesundheit. Das ist etwas, was wir langfristig auch aus dieser Pandemie mitnehmen können.“

Katharina T. Paul, Politologin.

Von Katharina Anna Ecker