Fair reisen: Wie geht das?

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Bist Du(da)bei oder fair-reist Du?

Influencer und die High Society zieht es nach Dubai, seit dem Ende der deutschen Reisewarnung explodieren die Buchungszahlen für Hotels auf Mallorca. Langsam rückt der Traum vom Verreisen wieder näher. Ein guter Zeitpunkt, sich zu fragen: Was lösen wir eigentlich mit unserem Urlaub in unseren Zielländern aus? Und können wir gleichzeitig reisen und Gutes tun?

Nach einem Jahr Pandemie, das viele zu Hause verbracht haben, sind Urlaube wieder in greifbarer Nähe. Mit Sonntag hob das deutsche Außenministerium die Reisewarnung für Mallorca auf, TUI meldete, dass bereits doppelt so viele Reisen auf die Insel gebucht wurden wie zum selben Zeitpunkt 2019. Deutsche Politiker plädierten an die Bevölkerung, wegen der Gefahr eines neuerlichen Anstiegs der Infektionszahlen dennoch zu Hause zu bleiben, stießen damit aber offensichtlich bei vielen auf taube Ohren.

Wenn es in den Urlaub geht, lassen wir uns ungern etwas vorschreiben. Kein Wunder: In den wenigen freien Tagen wollen wir entspannen, genießen, abschalten. Wir wollen unsere Alltagssorgen vergessen und uns nicht noch zusätzlich über die Probleme der Welt Gedanken machen müssen.

Fakt ist aber: Tourismus löst etwas aus. In den Urlaubsregionen, in unserer Heimat, auf der ganzen Welt. Er ist für etwa acht Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Er wird aber auch für geopolitische Imagekampagnen eingespannt: Länder, deren Regierungen gegen internationales Recht verstoßen, nutzen den Tourismus, um ihr Image aufzupolieren.

Paradebeispiel: Dubai.

Die Regierung des Wüstenstaates begeht schwere Menschenrechtsverletzungen, etwa im Umgang mit Gefängnisinsassen oder Frauen. Weil die internationale Gemeinschaft das schlecht aufnimmt, versucht Dubai, sich ein Image als Tourismusmetropole aufzubauen und statt Gesetzeswillkür und Versammlungsverboten mit Sandstränden und Luxus assoziiert zu werden. Für Touristen gibt es sogar eine spezielle Polizeieinheit.

Chancen für Urlauber und Gastgeber

Ist also jeder Urlaub schlecht? Natürlich nicht. Prinzipziell bieten Reisen uns die Chance, andere Kulturen zu erleben und Verständnis zu entwickeln. Im direkten Kontakt eröffnen sich oft neue Perspektiven auf Bräuche und Traditionen, die aus der Ferne befremdlich erscheinen.

Nicht zu unterschätzen ist auch der wirtschaftliche Einfluss, den wir durch unseren Konsum nehmen können. „Tourismus – eingebettet in eine möglichst diverse regionale Wirtschaft - kann Arbeitsplätze schaffen und Abwanderung verhindern“, sagt Nina Sahdeva vom Verein fairunterwegs. „Die Reisenden können eine zusätzliche Geldquelle sein und Ressourcen für Entwicklung freimachen.“

Wichtig sei es eben, den Urlaub schon im Vorfeld gut zu planen.

Deshalb hier die drei wichtigsten Fragen für alle, die (sich) mit ihrem Urlaub auch Gutes tun wollen:

1_ Was brauche ich von meinem Hotel?

Auf dem Städtetripp um 6 Uhr 30 aufstehen, ein kleines Frühstück essen und dann den ganzen Tag mit Sightseeing verbringen: Mehr als einen sauberen Schlafplatz muss ein Hotel eigentlich nicht bieten, damit so ein Urlaub gelingt „Viele Menschen buchen für ihren Urlaub aber Hotels mit Angeboten, die sie eigentlich nicht brauchen und auch nicht in Anspruch nehmen“, sagt Sahdeva. „Für das finanzielle Minimum wird ein Maximum an Leistungen gebucht. Viele Hotelbesitzer sparen dafür beim Personal und mit billigen, umweltschädigenden Ressourcen.“ Deshalb: das Hotel maßvoll auswählen, mit Komfort-Features, die auch wirklich genutzt werden.

2_ Wohin fließt mein Geld?

Fürs Reisen geben die Österreicher viel Geld aus – durchschnittlich 650 Euro pro Urlaub. „Die Frage ist, wo dieses Geld hinfließt“, sagt Sahdeva. Auch Menschenrechtsverletzungen durch die dortige Regierung seien für sie ein Ausschlusskriterium bei der Urlaubswahl. „In der Türkei gibt es zum Beispiel viele gute, privat geführte Pensionen und Hotels. Dort kann man in der Region und für die Eigentümer etwas Positives bewirken, ohne damit gleich Menschenrechtsverletzungen der türkischen Regierung zu unterstützen.“

3_ Wo fahre ich eigentlich hin?

Reisen soll den Horizont erweitern. Dazu müssen wir uns aber auch kulturell mit dem Ort auseinandersetzen, an den wir reisen wollen. Wie ist die Menschenrechtslage? Was sind die örtlichen Gepflogenheiten? Kenne ich ein paar Phrasen in der Sprache? Hin und wieder sei es laut Sahdeva wichtig, flexibel zu sein: „Vielleicht fährt man mit einem ortsüblichen Verkehrsmittel statt mit dem Taxi. So kann man mit den Menschen vor Ort in Beziehung treten und besser einschätzen, wen man mit seinem Geld unterstützt.“

Und nach der Heimkehr?

„Man sollte sich mit dem, was man im Urlaub erlebt hat, beschäftigen. Oft ist nach dem Heimkommen die Urlaubsstimmung sehr schnell verflogen. Wenn wir den Erfahrungen aus dem Urlaub Zeit und Raum geben, um sie zu verarbeiten, ist das auch für die Psyche gut und der Entspannungseffekt wird verstärkt“, so Nina Sahdeva.

Von Valentin Bayer